Arthur Schnitzler

















  Arthur Schnitzler (1862-1931)

Sein Vater Johann Schnitzler kommt aus einem kleinen Dorf in West-Ungarn nach Wien, heiratet in eine prominente Familie ein, wird angesehener Laryngologe (Arzt für Kehlkopferkrankungen) und Leiter der Poliklinik in Wien.
Die Berufswahl für seinen Sohn Arthur steht also fest: er soll Mediziner werden wie sein Vater. Er spezialisiert sich ebenso wie dieser auf Laryngologie und arbeitet an der Zeitschrift Internationale Klinische Rundschau mit, entwickelt jedoch eine immer stärker werdende Abneigung gegen die Medizin. Er will schreiben.


Eine Weile nach dem Tod des Vaters gibt er dann den Arztberuf ganz auf. Er schreibt seit er neun Jahre alt ist Dramen und Erzählungen. Und obwohl er immer wieder an seinen Fähigkeiten zweifelt und sich durch den Antisemitismus in Wien nur halb zugehörig fühlt, widmet er sich zunehmend seinen literarischen Werken, vor allem auch in den Jahren 1893 bis 1895 ermutigt durch seine damalige Geliebte, die Schauspielerin Adele Sandrock.

Er findet Anerkennung in der sich herausbildenden Künstlergruppe Jung-Wien. Im Café Griensteidl treffen sie sich: u.a. Hugo von Hofmannsthal und Richard Beer-Hofmann, die seine Freunde werden.

In Bezug auf Frauen und speziell die Ehe zeigt sich seine extreme Bindungsangst. Es treibt ihn von einer Affäre zur anderen.

Eines seiner ersten Stücke und das skandalträchtigste: "Der Reigen" (1900 als Privatdruck erschienen), macht dann auch die sexuellen Beziehungen zum Thema.  Das Stück provozierte über ein Vierteljahrhundert lang den Vorwurf der Pornographie.

Die Novellen "Leutnant Gustl" (1900) und "Fräulein Else" (1924) sind Oberstufenstoff an deutschen Gymnasien, weil Schnitzler hier durchgehend  eine revolutionäre Erzähltechnik verwendet, den „Inneren Monolog“. Übrigens kostete „Leutnant Gustl“ Schnitzler seinen Rang als Offizier in der k.u.k. Armee, er diffamiere mit dieser Figur die „militärische Ehre“. Mit Schnitzler konnten die Militärs und Kriegsbegeisterten der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nicht rechnen. Er war einer der wenigen Intellektuellen Österreichs, die die Kriegseuphorie als gefährlich und verwerflich ansahen.

Mit 41 Jahren hat er Olga Gussmann geheiratet, mit der er zwei Kinder hat. Die Ehe wird 1921 geschieden und Schnitzler war Alleinerzieher von Sohn Heinrich (geboren 1902) und Tochter Lili (geboren 1909). In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ist er auf dem Höhepunkt seiner Popularität und erhält einige Literaturpreise. Er kann von seiner Schriftstellerarbeit leben und seine Familie ernähren.

Seine Dramen "Der einsame Weg" (1904) und "Das weite Land", 1911 gleichzeitig an neun wichtigen europäischen Bühnen uraufgeführt, sind bedeutende Werke über die Einsamkeit und die Erfahrung des Scheiterns. Im Roman "Der Weg ins Freie" (1908) stellt er das bürgerlich-jüdische Leben in Wien und weibliche Emanzipationsversuche in den Mittelpunkt. "Professor Bernhardi" (fertiggestellt 1912) zeigt in der jüdischen Titelfigur eines Mediziners die Folgen des wachsenden Antisemitismus in Krankenhäusern und Behörden.

Der Selbstmord seiner Tochter Lili 1928 traf den 66jährigen hart. Er starb drei Jahre später an den Folgen eines Gehirnschlags.

Heute gilt Schnitzler als einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller. Mit seinem Zeitgenossen Sigmund Freud teilt er das große Interesse an der Erforschung der menschlichen Psyche.




Zitate:

Was unsere Seele am schnellsten und am schlimmsten abnutzt, das ist Verzeihen ohne zu vergessen.
 
Es gibt Frauen, die etwas Elementareres sind als die Erde.
 
Wenn du dich in Gefahr glaubst, an einem Menschen zugrunde zu gehen, so rechne es ihm nicht gleich als Schuld an, sondern frage dich vorerst, wie lange du schon nach solch einem Menschen gesucht hast.

Schlimmer betrogen, wer aus Angst vor Enttäuschung immer wieder sein Glück versäumte, als wer jede Möglichkeit eines Glückes ergriff, selbst auf die Gefahr hin, es könnte wieder nicht das wahre gewesen sein.
 

Bewahre uns der Himmel vor dem ›Verstehen‹. Es nimmt unserem Zorn die Kraft, unserem Haß die Würde, unserer Rache die Lust und noch unseren Erinnerungen die Seligkeit.

Es gibt keine erotische Beziehung, in der von den Liebenden die Wahrheit nicht immer gefühlt und nicht immer wieder jede Lüge geglaubt würde.

Nur Richtung ist Realität, das Ziel ist immer eine Fiktion, auch das erreichte – und dieses oft ganz besonders.

Der Haß der Großen gegen die Kleinen ist Ekel, der Haß der Kleinheit gegen die Größe Neid.
 

Wie sinnlos die Welt dir erscheinen mag, vergiß nie, daß du durch dein Handeln wie durch dein Unterlassen dein redlich Teil zu dieser Sinnlosigkeit beiträgst.

Was das Leben so mühevoll und oft so hoffnungslos macht, das ist nicht die Existenz des Unsinns und der Lüge in all ihren Formen und Graden; - das Schlimmere ist, daß wir immer wieder genötigt, ja manchmal sogar geneigt sind, uns mit dem Unsinn auseinanderzusetzen, als wenn ihm ein Sinn zu eigen - und mit der Lüge zu paktieren, als wenn sie guten Glaubens oder gar die Wahrheit selber wäre.

Dem wahrhaft liebenswürdigen Menschen gegenüber fühlen wir uns immer schuldlos, auch wenn wir ein Unrecht gegen ihn begangen haben; – dem Unliebenswürdigen gegenüber stets von Verantwortung bedrückt, auch wenn uns an einer Unannehmlichkeit, die ihm begegnet, nicht die allergeringste und ihn selbst vielleicht alle Schuld trifft.